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Samstag, 5. März 2011

Mobbing-Anzeichen

Wikimedia Commons
Die ersten Anzeichen hatte ich übersehen. Die gab es schon in der 7. Klasse:

Mein Sohn wollte auf einmal seinen Geburtstag nicht mehr mit Freunden feiern: "Neeee, ich finde Geburtstage gar nicht so wichtig und überhaupt, das ist ja total lahm. Da habe ich überhaupt keine Lust zu". Ok, ist ja seine eigene Sache, dachte ich. Er hat dann natürlich mit uns (und der lieben Verwandtschaft, ihr kennt das ja) gefeiert.

Was sich auch geändert hatte, war seine Klamottenwahl: es war ihm sehr, sehr wichtig, nichts Schwarzes zu tragen. Ich hatte ihm einmal eine Jacke mitgebracht, die konnte ich wieder umtauschen. Daraus macht man sich aber doch noch gar nichts, oder? Ich hatte mich darüber gewundert, aber letztendlich muss er das ja selbst wissen. Im Nachhinein weiß ich, dass schwarz ihm eigentlich sehr gut gefällt. Aber seine Klasse hatte ihn zu dem Zeitpunkt schon in ein Vorurteil gepresst. Und da hätten schwarze Klamotten mega Klasse rein gepaßt. Deshalb trug er lieber überwiegend weiß.

Er wusch sich eine Zeit lang 3 mal täglich die Haare. Naja, Pubertät und so.

Wir unternehmen am Wochenende oft etwas. Nur unser Sohn wollte irgendwann nicht mehr mit. Weder auf Flohmärkte, noch zum Schwimmen... Eis essen war doof, spazieren gehen natürlich auch. Für mich wieder: Pubertät. Man möchte sich von seinen Eltern abgrenzen. Und wo fängt Abgrenzung an: man unternimmt nicht mehr so viel mit ihnen. War bei mir ja früher auch so.

Inzwischen weiß ich ja, dass es nix mit der Pubertät, sondern mit den Hänseleien zu tun hat.

Bei unserem Sohn war es nicht die Pubertät, sondern der  Beginn einer Angst, unter Menschen zu gehen, die inzwischen so weit fortgeschritten ist, dass er auch nicht mehr in die Stadt geht. Aus Angst, er könnte Klassenkameraden treffen. Oder dass er mit zu Geburtstagsfeiern in der Verwandtschaft geht. Es geht also inzwischen nicht mehr "nur" darum, ihm notwendiges Werkzeug an die Hand zu geben, dass er mit denen, die ihn mobben, umzugehen lernt, sondern darum, ihm Selbstbewusstsein zu vermitteln und die Angst zu verlernen, dass man in der Öffentlichkeit ständig auf dem Prüfstand steht und als Außenseiter gilt.

Außenseiter? Warum eigentlich? Worum geht es überhaupt?

Es geht, kurz gesagt, um Musik!

Ich kann ja noch nachvollziehen, dass es in den 50ern für Eltern eine Art Rebellion war, wenn die Kinder anfingen, Rock'n'Roll oder Rock zu hören. Dass Erwachsene es vielleicht als Gefährdung der guten Sitten ansahen. In den 50ern.
Aber das Jugendliche heute, im 21. Jahrhundert, gemobbt werden, weil sie Heavy Metal hören, das finde ich schon ein starkes Stück!
Und um mehr geht es eigentlich gar nicht: Dadurch, dass mein Sohn Heavy Metal hört, wird ihm unterstellt, er sei einer von denen, die sich nur schwarz anziehen und die praktisch schon zu den Satanisten gehören. Dabei ist das sowas von abwegig...

Wo und wie leben wir eigentlich??

In den 80ern bin ich auf die Straße gegangen, um gegen Pershing II und Atomkraft zu demonstrieren. Ich wurde angefeindet, weil mein Sohn nicht getauft wurde und weil ich alleinerziehend war. Ich hatte homosexuelle Bekannte, die wirklich Probleme hatten. Da lästerten die Punks und Alternativen gegen die Popper... und andersrum.

Aber all das gehört doch heute mehr oder weniger zum Alltag. Ich habe mit viel mehr Toleranz gerechnet. Damit, dass man wegen seines Musik-Geschmackes angefeindet wird... damit habe ich überhaupt nicht gerechnet.

Naja, so wirklich geht es beim Mobbing ja oft gar nicht um das "Mobbing-Thema", hier also die Musik. Sondern darum, dass man jemanden mobben kann. Und da sucht man sich halt was. Bei uns: die Musik.
Wie ätzend ist das denn bitteschön???

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